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Eiskunstlauf Olympiasiegerin in Sarajevo 1984

Im Alter von achtzehn Jahren nehme ich 1984 das erste Mal an den Olympischen Spielen in Sarajevo teil. Für eine Sportlerin ist es das Größte bei den Olympischen Spielen dabei sein zu dürfen und wenn man da auch noch eine Chance auf eine Medaille hat, muss man die Gelegenheit am Schopfe packen. Mein ganz großes Ziel ist es, mit einer Goldmedaille nach Hause zurückzukehren.

Die olympischen Spiele in Sarajevo

Die olympischen Winterspiele werden 1984 zum ersten Mal in der olympischen Geschichte auf dem Balkan ausgetragen. Ãœberraschenderweise setzt sich die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina bei der Vergabe 1978 gegen die Mitbewerber Japan und Schweden durch. Eine Weltmeisterschaft ist das eine, aber bei den Olympischen Spielen zu sein, mit Weltklasseathleten aus anderen Sportarten gemeinsam im olympischen Dorf zu wohnen, mit deinem Team aus dem eigenem Land jeden Tag mitzufiebern, zu sehen das andere schon feiern, weil sie erfolgreich ihren Wettkampf bestritten haben, sich aber selbst noch konzentrieren zu müssen, weil der eigene Wettkampf noch gar nicht begonnen hat, sind Herausforderungen, die ich so nicht kenne, aber eine unglaubliche Bereicherung meiner Wettkampfjahre wird. Traditionell war die Damen Konkurrenz auch immer der krönende Abschluss bei den Olympischen Winterspielen, was doch einige Geduld von uns Mädchen abverlangt.

Auch kommt es zu eher ungewöhnlichen Begebenheiten, wie zum Beispiel, dass ich vor meinem Wettkampf mittags mit den Bobfahrern die Vorbereitung teile. Sie schleifen ihre Kufen und ich male meine Schlittschuhe noch mal schön weiß an.

Olympisches Gold in Sarajevo

Meine größte Konkurrentin bei den Olympischen Spielen in Sarajevo 1984 ist die amerikanische Eiskunstläuferin Rosalynn Sumners, sie ist im Vorjahr Weltmeisterin geworden, ich nur vierte und die zwei russischen Läuferinnen Kira Iwanowa und Anna Kondraschowa. Den Grundstein lege ich mit einem 3. Platz in der Pflicht und wieder einem fehlerfreien und temperamentvoll gelaufenem Kurzprogramm, womit ich vor der Kür in Führung gehe. Da es nun auf einen Zweikampf zwischen Rosalynn und mir hinaus läuft, entscheiden wir aus taktischen Gründen auf meinen Dreifachen Flip, der relativ unsicher ist, aus Risikogründen zu verzichten. Stattdessen den Flip doppelt in Kombination mit einem Doppelaxel zu zeigen und da Rosalynn´s Sprungrepertoire auch “nur” zwei verschiedenen Dreifache beinhaltet, setzen Frau Müller und ich auf Sicherheit.

Meine schwierige Anfangskombination Doppel Lutz-Dreifach Toeloop klappt auch hervorragend, doch ein wenig später stockt mir fast das Herz, als aus einem Dreifachen Salchow nur ein Doppelter wird. Das heißt jetzt, sich besonders konzentrieren und ich kann mir ja keinen Fehler mehr erlauben. Der Rest klappt dann fehlerfrei. Mit noch einem Dreifachem Salchow und ein Dreifachen Toeloop. Am Ende bin ich überglücklich, dass alles so gut geklappt hat, aber Rosalynn muss ja auch noch auf´s Eis. Sie kann dem Druck nicht standhalten und macht mehrere kleine Fehler. Nach ihrem Vortrag bin mir ziemlich sicher, dass ich gewonnen habe. Ich warte auf die Benotung und kippe fast aus meinen Schlittschuhen als in der B-Note eine 6.0 vom italienischen Preisrichter für Rosalynn gezeigt wird und denke, na, jetzt doch nur Silber. Ich gehe langsam und ein wenig enttäuscht die Treppe nach unten zur Garderobe, als dann doch die ersten Gratulanten auf mich zustürmen und mich umarmen. Der erste ist Christopher Dean, der mir freudig mitteilt, dass ich gewonnen habe.

Die beiden, Jean Torvell und Christopher Dean, haben zu den Spielen in Sarajevo Eislaufgeschichte mit ihrem “Bolero” und den Noten von durchweg 6.0 geschrieben.

Nach den Olympischen Spielen in Sarajevo kennt nicht nur die Eislaufwelt meinen Namen. In den Vereinigten Staaten von Amerika werde ich nun ins Herz geschlossen. Ein amerikanischer Reporter textet von Sarajevo in seine Redaktion “er habe Brooke Shields auf Schlittschuhen gesehen” und laut einer Sportillustrierten seufzt ein hart gesottener Fernsehreporter: “Wenn das das wahre Gesicht des Sozialismus ist, dann kann Amerika von mir aus sozialistisch werden. Aber wieso verdammt kommt sie nicht aus Hollywood”. Tja, Amerika wird bekanntermaßen nicht sozialistisch, aber die Deutsche Demokratische Republik wird 6 Jahre später nach dem Mauerfall 1989 demokratisch. Brooke, die seinerzeit schon ein großer beliebter Filmstar ist, lerne ich in den Neunzigern in Sun Valley, mein Lieblings Platz im Sommer für mehr als ein Jahrzehnt und beliebter Urlaubsort für Hollywood Stars, kennen. Sie kommt auf mich zu, umarmt mich und sagt, dass es so sei, als wenn sie ihre Schwester träfe. Natürlich wurde auch sie immer auf mich und unsere Ähnlichkeit angesprochen und nun treffen wir uns zum ersten Male und haben viel gelacht.

Copyright Katarina Witt