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Rescue Me

09.02.2010

 

 

Der heutige Tag beginnt um 4 Uhr morgens, allerdings nicht ganz freiwillig. Meine innere Uhr hängt noch irgendwo auf dem Weg von Berlin nach Vancouver und so nutze ich die Zeit bis zum Sonnenaufgang zum Beantworten meiner Emails, der Vorbereitung des Tagesprogramms sowie der Kommunikation mit meiner kleinen aber stetig wachsenden Facebook- und Twittergemeinde. Mit dem ersten Tageslicht breche ich zu meiner morgendlichen Joggingrunde auf. Als ich meine aktive Karriere beendete, war ich doch sehr unsicher, ob ich das Eislaufen vermissen würde. Nein, ich vermisse es nicht, na ja, ein wenig schon, aber ohne Sport kann ich mir mein Leben nicht vorstellen. Erstaunlicherweise ist die Uferpromenade von Vancouver schon reichlich mit Joggern bevölkert und obwohl ich die hiesige Angewohnheit, jeden mit einem Lächeln und einem peppigen 'Hi' zu begrüßen, sehr sympathisch finde, fällt es mir doch zu dieser Stunde noch etwas schwer. Dafür ist die Aussicht auf die North Shore Mountains auf der gegenüberliegenden Seite des Burrard Inlet atemberaubend. Das ist ein kleiner Vorgeschmack auf unseren heutigen Trip nach Whistler. Ich werde einen Bergretter und seinen Lawinenhund treffen.

Sea To Sky Highway heißt die Straße nach Whistler und der Name ist Programm. Von Meereshöhe in Vancouver schlängelt sich der Highway über 123 Kilometer zunächst entlang des idyllischen Howe Sound und dann hinauf bis ins 675 Meter hoch gelegene Whistler. Und da ist er endlich, der Schnee. Es gibt ihn also doch noch. Ohne Schnee ist es nun mal keine richtige Winterolympiade. Wir halten uns nicht lange in dem vorolympisch noch ziemlich ruhigen Örtchen auf und besteigen gleich die Gondel hinauf zum Whistler Mountain (1530 Meter). Hier treffen wir auf Anton und Mac. Der Erste ist Bergretter und der Zweite ist sein Lawinenhund. Ganz offensichtlich sind beide ein eingespieltes Team und obwohl Anton einen sehr freundlichen Eindruck macht, bin ich doch ein wenig zurückhaltend bei der Begrüßung und hoffe nur, daß man mir meine Hundephobie nicht ansieht bzw. erschnuppert. Doch schon beim ersten Streicheln wird klar: auch Mac hat ein ausgesprochen friedfertiges Wesen. In meinem Gespräch mit Anton erfahre ich, daß die Lawinenunfälle immer mehr zunehmen und daß die meisten Unglücke durch mangelnde Vorsicht und Ãœbermut passieren. Ich erfahre auch mehr über die technische Seite des Ablaufes einer Lawinenrettungsaktion, aber alles ist sehr theoretisch. Deshalb entschließt sich Anton kurzer Hand zu einem praktischen Beispiel. Ich bin begeistert, allerdings nur bis zu dem Moment, an dem er mir eröffnet, daß ich die Verschüttete spielen und Mac mich retten soll. Meine Neugier siegt und so beobachte ich wie Anton ein Loch in den 4 Meter hohen Schnee gräbt und mich mit einem herzlichen Lächeln zum Einsteigen einlädt. Ausgerüstet mit einem Walkie-Talkie zwänge ich mich in die viel zu kleine Höhle und fühle ein leichtes Unwohlsein während Anton den Eingang zuschaufelt. In meiner Schneehöhle herrscht vollkommene Stille und für einen Moment habe ich eine Ahnung, was es bedeuten muß, wirklich von einer Lawine verschüttet zu sein. Nach 10 Minuten wird Mac auf die Suche geschickt. So lange dauert es, bis die feine Hundenase eine Witterung aufnehmen kann. Und kurz darauf begrüßt mich auch schon Macs dampfende Schnauze. Es ist wirklich beruhigend zu wissen, daß es Menschen und Tiere gibt die ständig für unsere Sicherheit da sind, auch wenn man sie glücklicherweise nur selten zu sehen bekommt. Meine Hundephobie hat sich nach der heutigen Rettungsaktion mindestens halbiert und wenn ich mir das Ganze noch mal in meinem Filmtagebuch in der ARD anschaue, verschwindet der Rest vielleicht auch noch.

Herzliche Grüße aus Whistler

Katarina

Copyright Katarina Witt